Forschung

GEFION {ˈɡevˌjon} Generierung digitaler Emissionszertifikate für klimapositive Holzsystembauten

Gefördert durch

Politische Maßnahmen im Bereich Klimaschutz und die zunehmende Digitalisierung (u.a. Maschinelles Lernen) lassen in der Bau- und Bauzuliefererindustrie neue herausfordernde Handlungsfelder entstehen. Eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR-Online-Publikation Nr. 17/2020) hat aufgezeigt, dass 40 % (362 Mio. Tonnen CO2- Äquivalente) der Treibhausgas-Emissionen (THG) von Deutschland durch die Herstellung, Errichtung, die Modernisierung und durch die Nutzung und den Betrieb von Wohn- und Nichtwohngebäuden verursacht werden. 75 % des THG-Fußabdruckes des Handlungsfelds «Errichtung und Nutzung von Hochbauten» (297 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente) und damit 33% der nationalen THG-Emissionen wurden durch die Nutzung und den Betrieb der Wohn- und Nichtwohngebäuden verursacht. Ökobilanzierungen von Gebäuden (Datensätze) werden aktuell nach einem statisch/technischen Systemmodell berechnet und vergeben (vgl. u.a. LEED, BREEAM oder DGNB System). Hier fließen eine Vielzahl von Modellparametern, Verbrauchsdaten und Messdaten ein. Die Bilanzierung basiert auf den technischen Gebäudeparametern, nach denen es errichtet wurde. Der spätere Betrieb und die (Um-) Nutzung des Gebäudes fließen dabei anteilig als feste Bemessungsgrößen mit in die Berechnung ein. Wenn sich das spätere Nutzungsprofil des Gebäudes ändert, bildet die Bilanzierung lediglich den ursprünglich geplanten Nutzungs- und Betriebskontext ab. Die aktuelle Vorgehensweise zur Ökobilanzierung umfasst keine dynamischen Änderungen von Nutzungsparametern während der Betriebsphase. 

In unserem Forschungsvorhaben wird ein verbessertes, computerimplementiertes Verfahren zur dynamischen Berechnung der Ökobilanzierung von Gebäuden entwickelt. Ausgangspunkt ist die Entwicklung eines lebenszyklusoptimierten BIM-Modells (Building Information Modeling), das einen, nach kreislaufwirtschaftlichen Kriterien geplanten, Holzsystembau beschreibt und die notwendigen Gebäudeparameter zur Dynamisierung der Ökobilanzierung enthält. Auf dieser Basis modellieren wir einen digitalen Gebäudezwilling, der die Nutzung des Gebäudes simuliert. Parallel zu diesen Aktivitäten errichten wir, ebenfalls auf Basis des BIM-Modells, einen Demonstrator, der reale Messdaten zur Nachweisführung der dynamischen Bilanzierung liefert. Die Nutzungsinformationen fließen anschließend in eine maschinell unterstützte Analyse zur Ökobilanzierung ein. Technologisch setzen wir Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) ein, insbesondere Ansätze des Semi Supervised Learnings sollen entwickelt und erprobt werden. Durch diese Dynamisierung kann die CO2-Positivität eines Gebäudes, auch durch die Änderung des Nutzungskontexts während der Betriebsphase, transparent gemacht und dokumentiert werden. Aus der statischen Ökobilanzierung für Gebäude wird dadurch eine technisch-analytisch unterlegte dynamische Bilanzierung, die die tatsächliche Nutzung des Gebäudes abbildet. Auf Basis dieser Ökobilanzierung kann weiterhin untersucht werden, ob Emissionszertifikate für klimapositive Gebäude generiert und ausgestellt werden können. Durch die Schaffung einer digitalen Schnittstelle zwischen klimapositiven Gebäuden und Emissionshandel-Plattformen können darüber hinaus die überschüssigen CO2-Äquivalente klimapositiver Gebäude dem Zertifikathandel zugeführt werden. Dieses innovative Forschungsprojekt leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, für den Neubau klimapositiver Gebäude und damit auch zur Transformation der Baubranche hin zu einer digitalen und klimaneutralen Industrie.